Spätgotischer Bildstock

Im Vorhof des Schlosses steht vor Wetter geschützt ein seltener spätgotischer Bildstock.
Von einem Spitzkielbogen umrahmt wird die Kreuzigung Christi dargestellt: links neben der Gottesmutter Maria der Hl. Erasmus, rechts neben dem Apostel Johannes der Hl. Sebastian.
Darunter ist das Entstehungsjahr 1483 in gotischen Minuskeln eingraviert. Links darunter das Wappen mit drei senkrechten Balken der damaligen Burgherren von Seinsheim.
Der Bildstock, ein „Gebet in Stein“, zeigt eine feine Steinmetzarbeit: ausdrucksvolle zarte Gestalten in ihrem körperlichen und seelischen Schmerz, die Pein des überdehnten Körpers Christi, die ausgerenkten Arme und des gebrochenen Hauptes. Man spürt Innigkeit und Trauer, die Erschütterung des Johannes und das tiefe Leid der Maria.

Neben der Kreuzigungsszene sind zwei der 14 Nothelfer dargestellt.

Links erkennt man im bischöflichen Ornat mit einer Winde mit aufgedrehten Eingeweiden den Heiligen Erasmus.

Erasmus stammte aus Antiochien, wo er auch als Bischof wirkte, doch musste er seine Diözese während der Christenverfolgung unter Diokletian verlassen. Der Überlieferung zufolge zog er sich auf einen Berg des Libanon zurück, wo er sieben Jahre lang auf wundersame Weise von einem Raben genährt wurde. Auf die Erscheinung eines Engels hin kehrte Erasmus in sein Bistum zurück, wo er bald darauf gefangen genommen wurde. Er soll verschiedene Folterungen, wie das Ausdärmen, erlitten haben. Durch göttlichen Beistand jedoch soll er befreit worden und nach Italien gelangt sein, wo er als Seelsorger in der Gegend von Formia wirkte. Dort soll er nach sieben Jahren in hohem Alter gestorben sein.

Erasmus wird als Schutzheiliger gegen Feuersgefahr verehrt.

Rechts steht nackt bis auf den Ledenschurz, an einen Baum gebunden, der Heilige Sebastian.

Der aus Mailand stammende Sebastian war Offizier der Leibwache von Kaiser Diokletian. Da er sich öffentlich zum Christentum bekannte, verurteilte in Diokletian zum Tode und ließ in von Bogenschützen erschießen. Im Glauben, er sei tot, ließ man ihn danach liegen. Sebastian war jedoch nicht tot, sondern wurde von einer frommen Witwe, der hl. Irene, die ihn eigentlich für das Begräbnis vorbereiten wollte, gesundgepflegt. Nach seiner Genesung kehrte er zu Diokletian zurück und bekannte sich erneut zum Christentum. Diokletian befahl daraufhin, ihn mit Keulen im Circus zu erschlagen. Sebastians Leichnam warf man in die Cloaca Maxima, einen städtischen Abflussgraben in der Nähe des Tiber, aus dem er von Christen geborgen wurde, nachdem er ihnen im Traum den Ort seines Verbleibens gezeigt haben soll.

Sebastian wird als Nothelfer gegen Seuchen, insbesondere die Pest verehrt.

Die Entwicklung von Bildstöcken lässt sich bis in das 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Spätgotische Bildstöcke sind eine Seltenheit!

Ein ähnlicher Bildstock, wahrscheinlich vom gleichen Meister, stand an der Zeubelrieder Steige und ist leider verschollen.